Herr Neumann war kürzlich von einem rücksichtlosen Menschen eine empfindliche Kränkung zugefügt worden. Gleichwohl fand ihn ein paar Tage darauf ein Freund heiter und wohlgemut. „Ich wundere mich,“ sagte dieser, „dass Sie so schnell darüber inweggekommen sind; wie machten Sie das?“ „Ja, das ist eigentlich ein Geheimnis,“ sagte jener lächelnd, „doch ich will’s Ihnen verraten; vielleicht hilft es Ihnen in ähnlichem Fall. Wenn mir so etwas widerfahren ist, so schweige ich ganz still davon und rede womöglich mit niemand darüber, denn ich finde, je mehr ich davon spreche, um so tiefer drückt sich der Stachel ein. Es mögen andere eine andere Natur haben, für mich ist’s am bestern, wenn ich dm Rat Luthers folge: Schweig, leid, meid und vertrag, deine Not niemand klag! Es ist in solchem Fall mit einem Gemüt wie mit einem Glas Wasser, in dem Sand und Schmutz ist. Wenn man beständig darin herumrührt, so bleibt das Wasser immer trübe; läßt man es ruhig stehen, so setzt sich der Schmutz, und das Wasser wird wieder klar.
Mein zweites Mittel besteht darin, dass ich daran denke, wie rasch mein Leben dahineilt und wie schnell ich am Ziel sein werde. Dann kommt mir das Eine, was not ist, so groß und das andere, worüber ich mich kränken muss, so klein vor, dass ich’s leicht abschütteln kann.
Und endlich mein drittes Mittel besteht darin, dass ich hingehe und jemand eine Freude mache. So tat ich auch diesmal. Ich nahm ein Geldstück und brachte es jemand, an dem es, wie ich weiß, gut angelegt ist. Als ich seine Augen aufleuchten und die Wangen sich röten sah in dankbarer Freude, da war auch all mein Ärger und Verdruss weg.“