Evangeliums Bote 2011 Nr. 2

Auszug:

Der glückliche Student

Der Sohn reicher Eltern studierte in Berlin. Er hatte in einer guten Gegend eine Wohnung im Haus einer freundlichen Familie  gefunden. Der junge Mann stellte nach einiger Zeit fest, dass seine Vermieter an jedem Mittwoch- und Sonntagabend zur gleichen Zeit das Haus verließen und dann gegen zehn Uhr wieder heim kamen. Ihn interessierte dieses und er fragte sie, ob er sie einmal begleiten dürfe. Sie erzählten ihm, dass sie eine christliche Versammlung besuchen und waren gern bereit, ihn mitzunehmen. So kam es, dass er zum ersten Mal in seinem Leben in einen Gottesdienst ging. Als er in dem schlichten Saal saß und der Gottesdienst begann, hatte  er merkwürdige Empfindungen: Er fühlte, dass er eine Heimat für seine Seele gefunden hatte. Zur nächsten Versammlung war er wieder da, zur dritten gleichfalls, und als einige Wochen vergangen waren, da hätte man den blasierten, verlebten, müden, jungen Mann nicht wiedererkannt. Fröhlich rühmte er: “Ich habe den Herrn gefunden und meine Seele ist genesen!” Bald schrieb er einen glücklichen Brief an seine Eltern: “Vater, Mutter, freut euch mit mir. Ich habe den Heiland gefunden und bin ein neuer Mensch geworden.” Der alte Herr aber las den Brief und erbleichte. Nach einer kurzen Unterredung mit seiner Frau setzte er sich in den nächsten Schnellzug, fuhr nach Berlin, suchte seinen Sohn auf und sagte: “Mein Sohn, warum hast du uns das angetan? Tu, was du willst, verbrauche so viel Geld, wie du nur hast, ich will alles bezahlen; aber werde mir um alles in der Welt kein Ducker.” Da führte der Jungbekehrte den Vater auf den Dachboden, machte den Koffer auf, nahm den geladenen Revolver zur Hand, der oben darauf lag, und sagte: “Vater, diesen Revolver hatte ich mir gekauft, um mich zu erschießen. Das Leben ekelte mich so an, dass ich es fortwerfen wollte wie einen abgetragenen Handschuh. Wäre ich nicht in die Versammlung gekommen und zu Christus, so hättest du heute keinen Sohn mehr. Und jetzt musst du wählen zwischen dem Revolver und mir. Ver-bietest du mir, ein Christ zu sein, erschieße ich mich. So wie früher kann ich nicht mehr dahinvegetieren.” Was sollte der Vater tun? Er schwieg und fuhr wieder nach Hause. Gott fügte es so, dass dieser junge Mann es auch erleben durfte, dass seine Familie zum gleichen, fröhlichen Glauben fand. Als der Sohn Ferien hatte und heimkam, war seine Mutter in großen Sorgen. Aber siehe da, er war so fröhlich, so hilfsbereit, so bescheiden, dass sie eines Tages zu ihm trat und mit bewegter Stimme sagte: “Mein Sohn, wenn es dein Glaube gestattet, für eine Mutter zu beten, so bete für mich; ich brauche es.” Und nach einigen Monaten war die ganze Familie, Eltern und Kinder, zu Gott bekehrt.

 

Vergebung

Fredrik Ramm (1892–1943) war ein norwegischer Journalist, der mit Amundsen über den Nordpol geflogen war und die ganze Welt in seiner Reportage darüber informiert hatte. Er hörte von der gewaltigen Veränderung im Leben, wenn ein Mensch sich zu Gott naht und tut, was Gott ihm sagt. Er wagte es, bekehrte sich zu Gott und wurde ein anderer Mensch. Die Atmosphäre in seiner Familie wurde verwandelt, sie wurde aufrichtiger, herzlicher, freudiger. Seine Freunde konnten nur staunen.
Aber es gab einen Konflikt in seinem Leben, der nicht wieder gutzumachen schien. Er hatte in zurückliegenden Jahren gegen das dänische Volk Propaganda gemacht. Norwegen hatte mit Dänemark einen Streit um die Rechte auf Grönland. Der Internationale Gerichtshof in Den Haag hatte für Dänemark entschieden. Fredrik Ramm schürte mit allen Mitteln die Feindschaft gegen das Nachbarvolk. Doch nun war in das Leben dieses Zeitungsmannes die Revolution der Liebe Jesu Christi eingetreten.
Was tat Fredrik Ramm? Er reiste nach Dänemark. An einem politischen Feiertag stand er vor Tausenden von Dänen in einer Versammlungshalle. Er bat dort öffentlich das dänische Volk um Verzeihung für seinen Feldzug des Hasses. Zum Schluss forderte er auf, sich zu erheben und die dänische Nationalhymne zu singen. Die ganze dänische Zuhörerschaft sprang auf und sang spontan die norwegische National-hymne. Dieser Tag der Versöhnung des Verhältnisses von Norwegen und Dänemark war möglich geworden, weil im Leben eines einzelnen Menschen eine tiefgreifende Änderung eingetreten war.
Im Jahre 1940 wurde Fredrik Ramm wegen seines Widerstandes gegen die deutsche Okkupation verhaftet. Man bot ihm ”goldene Freiheit”, wenn er seine religiöse Überzeugung aufgebe. Er weigerte sich, das zu tun. Die Gestapo verurteilte ihn zum Tode. Seine Hinrichtung wurde verschoben; er kam in ein Konzentrationslager bei Hamburg. Dort blieb er aufrecht in seiner Haltung, aber seine Gesundheit wurde zerstört. Als er dem Tode nahe war, wollte man ihn in die Heimat zurücktransportieren. Er erreichte die dänische Grenze und kam noch bis Odense, der Stadt, in der er sich mit den Dänen versöhnt hatte. Dort starb er. Ein Däne, der kurz vor seinem Tode bei ihm war, berichtete von seinen letzten Gedanken und Wünschen: Fredrik Ramm bat die Anwesenden, Deutschland zu verzeihen und es zu lieben. Ohne Groll, ohne Entrüstung schloss er die Augen. Wir alle wissen, dass solch eine Haltung nicht selbstverständlich ist. Sie ist die Auswirkung der Verwandlung des Herzens, die wir durch Jesus Christus erfahren können.